Kein Schöner Land
Kein Schöner Land
Verspiegelter Edelstahl, Stahlseil | Größe variabel | 2023
Installation im Schlosspark Kaarz (Mecklenburg-Vorpommern)
Anke Becker | Kein Schöner Land
Kein schöner Land in dieser Zeit,
als hier das unsre weit und breit,
wo wir uns finden
wohl unter Linden
zur Abendzeit, Abendzeit.
(Erste Strophe des Volkslieds “Kein schöner Land”)
Anke Becker platziert ihre Buchstabenkette zwischen zwei Lindenbäumen an einer Wegkreuzung – dort wo zwei Wege sich begegnen doch zugleich voneinander wegbewegen. Die spiegelnden Buchstaben erinnern an eine fröhliche Festdekorationen, doch die Liedzeile „Kein schöner Land“ entfaltet eine ambivalente Stimmung. Je nach Kenntnis der Betrachter:in folgt gedanklich der weitere Liedtext oder die dazugehörige Melodie. Das bekannte deutsche Volkslied aus dem frühen 19. Jahrhundert, das mit diesen Worten beginnt,feiert freundschaftliche Zusammenkünfte in der unberührten Natur. Angesichts ihrer heutigen Gefährdung, erscheint die Beschwörung der Schönheit zugleich wie eine Mahnung, diese zu schützen. In der Oberfläche der Buchstabenelemente spiegelt sich zudem die Umgebung. Auf diese Weise entsteht ein Wechselspiel zwischen Wort, Bild und Vorstellung, dass durch die situative Verortung an der Wegkreuzung zur metaphorischen Frage nach der Richtung führt, die man einschlagen möchte. Anke Beckers Installation deutet aber auch eine politische Dimension an. Die von ihr gewählte Schrifttype „Futura“ wurde während der Weimarer Republik von Paul Renner entwickelt, der 1933 als „Kulturbolschewist“ diffamiert und als Leiter der Münchner Meisterschule für Buchdrucker entlassen wurde. So eröffnet die Künstlerin mit ihrer Arbeit ein schillerndes Feld der Auseinandersetzung über den Zusammenhang von Naturverklärung, nationalistischen Ursprungsmythen und Freiheitssehnsucht." Katalogtext von Susanne Burmester